Airsoft Science: Zersetzung von Bio BBs
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(nachträglich editiert am 12.06.2024 um 18:07 Uhr)

Airsoft Science Teil 2: Zersetzung von Bio BBs

Nach meiner ersten Studie zum Thema BBs (Abweichung von BB Gewichten) habe ich mich jetzt mit dem Thema der Zersetzung von Bio BBs beschäftigt. Die Abhandlung ist länger geworden als Gedacht, da sich herausgestellt hat, dass das Thema doch etwas umfangreicher war.

 

Was bedeutet biologisch abbaubar? In Kursiv habe ich dazu einige Anmerkungen geschrieben.

Die biologische Abbaubarkeit der meisten Kunststoffprodukte ist definiert durch die DIN EN 13432. Diese gibt die Rahmenbedingungen an, ab wann ein Produkt biologisch abbaubar ist:

  • In einem Labortest wird das Material zerkleinert und soll sich nach 6 Monaten in Wasser zu mindestens 90% abgebaut sein. Das Problem hier ist, landet der Kunststoff in der Natur, gibt es kein Wundersames Mahlwerk, das es direkt in kleine Komponenten zermahlt. Zudem gibt es keine Definition was abgebaut bedeutet in diesem Kontext. Gelöst als Kat- und Anionen im Wasser oder Zersetzung zu CO2 und H2O oder zu anderen Chemischen Verbindungen?
  • Nach 3 Monaten Kompostierung dürfen maximal 10% Rückstände in einem Sieb mit Siebdurchmesser 2mm zurückbleiben. Ich denke das bedarf keines Kommentars. Alles kleiner <2mm ist demnach schon halb biologisch abgebaut….
  • Es dürfen maximal 5% nicht abbaubare Stoffe in der ursprünglichen Trockenmasse enthalten sein.

Zusätzlich noch ein paar Schlussfolgerungen und weiter Infos, die auch zum Teil dem untenstehenden Dokument entnommen wurden:

Nach DIN EN 13432 zertifizierte Produkte eignen sich nicht für die Biotonne, da sie in einer Industriellen Kompostieranlage, nicht schnell genug zersetzt werden und die Rückstände nicht als sinnvoller Kompostbestandteil gelten. Zusätzlich gilt, dass es 6 Monate, unter Idealbedingungen (zerkleinert, konstant Wasser, Raumtemperatur), dauert bis 90% der organischen Komponenten „abgebaut sind“. Diese Bedingungen herrschen in der Natur aber nicht vor, weshalb man unmöglich sagen kann wie lange es dauert. Zusätzlich ist nicht definiert was abgebaut bedeutet. Evtl. nur das die Komponenten kleiner 2 mm sind. Das bedeutet ebenfalls, das „Bio“ Kunststoff zu 10% aus abbaubaren Biokleber bestehen kann und zu 90% aus Mikroplastik kleiner 2mm. Verrottet der Kleber und das Mikroplastik liegt dann rum, gilt es nach der DIN EN 13432 als biologisch abgebaut…

Hier noch ein Link zum Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, der auch die Anwendbarkeit der DIN EN 13432 kritisiert.

https://www.bundestag.de/resource/blob/853962/a519da7da451ee8dda8951fb7a3940a1/WD-8-062-21-pdf-data.pdf

 

Nachfolglich möchte ich anmerken, dass auf keiner Bio BB Verpackung eine Zertifizierung für irgendeine Art biologische Abbaubarkeit steht. Lediglich die Angabe der Hersteller, dass das Produkt biologisch abbaubar ist. Jedoch werden die meisten Untersuchungen nach DIN EN 12432 durchgeführt.

 

Chemie der Bio BB

Dankenswerterweise, hat Begadi die TÜV-Zertifikate für seine Bio BBs veröffentlicht, darin kann man sehen das Bio BBs aus 3 Hauptkomponenten bestehen (Nebenkomponenten die geringen Anteile ausmachen, liste ich hier nicht auf):

Anteile an der Gesamtmasse:

 

0.32g

0.30g

0.28g

0.23g

Organisch

 

 

 

 

PLA

18.0%

19.6%

21.6%

29.8%

Anorganisch

 

 

 

 

Calciumcarbonat (CaCO3)

1.8%

10.9%

20.9%

52.7%

Bariumsulfat (BaSO4)

79.9%

69.0%

57.2%

17.17%

 

Kurz eine Übersicht der Eigenschaften der Komponenten:

PLA

Poly-Lactic-Acid, auf Deutsch Mehrfachmilchsäuren. PLA wird oft verwendet das es leicht verarbeitbar ist und zudem als biologisch abbaubar. Jedoch ist sehr stabil, was die biologische Zersetzung an die Umgebungsbedingungen knüpft und daher sehr lange dauern kann, wenn die Umgebungsparameter nicht stimmen. Die meisten wissenschaftlichen Veröffentlichungen geben genaueren Zeiträume an, sondern meist nur "viele Jahre bis Jahrzente"

Calciumcarbonat (CaCO3)

Calciumcarbonat ist ein in der Natur häufig vorkommendes Mineral: Kalkstein, Kalkreste im Wasserkocher/Dusche und ist das Ausgangsmaterial für Beton. Es braucht einige Zeit bis er sich auflöst mit Wasser und CO2 löst, stellt aber keine Verschmutzung der Umwelt dar.

Bariumsulfat (BaSO4)

Bariumsulfat kommt ebenfalls in der Natur vor. Hauptsächlich als Mineral Baryt und in seltenen Fällen als Smaragd. Es wird oft Kunststoffen beigemischt, um die Dichte und Stabilität zu erhöhen. Zusätzlich erhöht es die Kratzfestigkeit. Bariumsulfat ist äußerst stabil und löst sich nur teilweise in erhitzter Schwefelsäure.

 

Verwendung als BB Material

Calciumcarbonat und Bariumsulfat dienen als Gewicht, je schwerer eine BB ist, desto mehr Bariumsulfat ist darin enthalten. Das PLA dient als Kleber, um das Calciumcarbonat- und Bariumsulfatpulver zu verkleben, und am Ende die Oberfläche glatt zu machen.

 

Zersetzung nach DIN EN 13432

Des Weiteren ist den Dokumenten von Begadi ein Bericht angeheftet, in dem der TÜV Rheinland Shanghai (Kein Scherz), die Zersetzung nach DIN EN 13432:2000 getestet hat.

Ich gehe erstmal nicht auf sämtliche Details ein, aber die Kurzfassung ist diese: Einige BBs wurden mit Kompost vermischt und kamen für 66 Tage in einen Ofen bei 60°C, in dem kontinuierlich mit Wasser gesättigte Luft zugeführt wurde. Dem Bericht ist es zwar nicht zu 100% zu entnehmen, aber es scheint, als wären die BBs vorher zerkleinert wurden. Am Ende des Berichtes steht „Nach 66 Tagen sind 90% des Testmaterials zu CO2 zersetzt worden. Daher wurde der Test gestoppt da die Bedingungen erfüllt wurden.“ Nach genauerem hinsehen und nachrechnen der Messergebnisse stellt sich raus, dass es sich dabei um 90% der organischen Masse aka das PLA handelt. Diese macht aber nur etwa 20% der Gesamtmasse einer BB aus. Demnach sind 82% der BB noch vorhanden. Es ist anzunehmen, dass die Europäische Norm, die anorganische Komponente nicht beachtet und diese nicht zersetzt werden muss.  Ich finde dies allgemein problematisch. Zwar sind die Bestandteile zwar bei Bio BBs nicht problematisch für die Umwelt, jedoch sollten meiner Meinung nach alle Bestandteile bei der biologischen Abbaubarkeit eines Produktes bedacht werden. Aber die Diskussion wäre jetzt zu viel.

 

Meine Beurteilung zur Zersetzung von Bio BBs

Das PLA in einer Bio BB zersetzt sich ohne Probleme, dies macht jedoch nur 20% der Masse aus. Übrig bleiben erstmal die anorganischen Bestandteile, Calciumcarbonat und Bariumsulfat. Das Calciumcarbonat CaCO3 sollte schnell in Wasser gelöst werden und wird dann mit dem Wasser mittransportiert und irgendwo wieder ausgefällt (Selber Prozess wie in einer Tropfsteinhöhle).

CaCO3 + CO2 + H2O => Ca(HCO3)2

Das Bariumsulfat, wird vermutlich ewig bleiben. Es ist ein sehr stabiles Material das kaum bis gar nicht zersetzt wird unter normalen Bedingungen. Der Vorteil ist, dadurch geht es keine anderen Bindungen ein und belastet chemisch gesehen weder Wasser noch Boden.  Jedoch sollte hier immer bedacht werden das die Zersetzung des PLAs in der Realität um ein Vielfaches länger dauert, da in der Natur keine Laborbedingungen herrschen. Besonders der Faktor Temperatur ist äußerst wichtig für Zersetzungsprozesse.

 

PLA Mikroplastik

Nach einiger Recherche stellte sich raus, das PLA in der normalen Umwelt oft viele Jahrzente benötigt bis es sich zersetzt. In der Zeit besteht zwar schon ein Abbau, dieser ist aber minimal. In der Zeit wird durch mechanischen Abrieb viel Mikroplastik erzeugt. Dieses kann auch von Tieren und Pflanzen aufgenommen werden. Dieses Mikroplastik wird wahrscheinlich nicht ewig bestehen, braucht aber auch, viele Jahrzente bis es zersetzt ist zu CO2. Abhängig von der Umgebung auch länger.

Die "umweltfreundliche" Zersetzung in einem angemessen Zeitraum findet lediglich in Industriekompostieranlagen statt, die bei 60-70°C das PLA 70 Tage erhitzen und zu CO2 kompostieren. Man könnte es eigentlich auch verbrennen... Das einzig umweltfreundliche scheint der Ausgangsstoff Maisstärke zu sein.

Fazit

Bio BBs werden jedoch noch viele Jahrzehnte lang rumliegen, bis sie zersetzt sind. Bis dahin werden sie viel Mikroplastik erzeugen, dass bis es zersetzt wird, noch von Pflanzen und Tieren aufgenommen werden kann. In leerstehenden Gebäuden wie z.B. auf The Base, werden sie vermutlich nie zersetzt. Der Hauptteil der Maße, Calciumcarbonat und Bariumsulfat stellt kein Problem dar, jedoch sollte eine Alternative zum PLA gefunden werden.

 

Realversuch

Kommen wir nun zum etwas praktischeren Teil.

Da ich nicht nur Airsoft Wissenschaft in der Theorie machen möchte, habe ich natürlich auch einen Laborversuch aufgebaut. Ich habe zwei verschlossene Glässer mit Wasser gefüllt. In jedem Glas sind 6 BBs, in einem sind sie zermahlen <2mm, im anderen Glas unbeschädigt. Am spannensten ist für mich das Ergebnis der unbeschädigten BBs, da dies der Realität eher näherkommt als das Material vorher zu zerkleinern.

Ich werden den Thread an dieser Stelle aktualisieren, sobald sich da etwas getan hat.

 

Falls noch Fragen oder Anregungen da sind, bitte ich diese professionell und zivilisiert zu kommunizieren.

"Bio BBs schaden nicht der Umwelt,.."

Doch - wenn sie sich zu Mikroplastik zersetzen, das dann im Wasser- und damit im Nahrungskreislauf landet.

Ansonsten ist es völlig egal, ob wir mit "Bio"-Plastik-BBs oder nicht-"Bio"-Plastik-BBs spielen.

Bin auf das Ergebnis deiner Beobachtung gespannt. :)

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(nachträglich editiert am 12.06.2024 um 18:11 Uhr)

Ja da gebe ich dir recht und ich habe den Hauptpost etwas angepasst. Während bei der Industrielen Kompostierung der PLA komplett Zersetzt wird zu hauptsächlich CO2, dauert das in der Natur um ein vielfaches länger. Dabei entsteht auch Mikroplastik, das zwar zersetzt wird, aber auch dafür eine lange Zeit braucht.

 

Jedoch werde ich nochmal ein etwas recherchieren zur Bildung von Mikroplastik auf PLA Basis.

Sehr interessantes Thema!

Damals, wie die ersten Bio BB's "Standard" wurden, hatte ich mal in den heimischen Zimmerpflanzen ein paar in die erde gedrückt, sodass man sie aber noch sehen konnte.... Tage später waren die weg.

Aber pustekuchen - Mutti hatte die jedesmal rausgefummelt und mein "Experiment" sabotiert.

 

Afaik gab es von G&G damals sogar BB's mit einem Samenkorn als Kern, dass man quasi neben zersetzung der BB's auch noch 'nen baum pflanzt'

Hat sich aber wohl nie durchgesetzt

Kurz gesagt das Zeug ist bestenfalls biokompatibel. Hatte ich mir schon gedacht.

https://www.airsoft-verzeichnis.de/index.php?status=fotoalbum&sp=2&albennummer=0000074544

 

Das nie etwas passiert ist, habe ich es aus dem Augen verloren. Die neue Flasche lag Jahre lang auf dem Balkon und wurde irgendwann von einem Sturm (unberechtigt) entfernt...

Auf dem meisten Spielfeldern, liegen noch die gleichen BB wie vor 15 Jahren rum. Im besten Fall mal zusammen gekehrt...

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(nachträglich editiert am 13.06.2024 um 08:08 Uhr)

Immerhin wird PLA schonmal aus Maisstärke hergestellt.

Nach einigen Recherchen habe ich festgestellt das es noch keine genauen Zahlen gibt wie lange PLA braucht um sich zu zersetzen, jedoch dauerst es in Süßwasser und Meerwasser am längsten, da es dortam kältesten ist und die wenigsten Mikroorganismen sind. Beide sind essentiell um es abzubauen.

Ja Greenwashing würde ich auch sagen. Das gilt leider für viele Produkte die als abbaubar gelten, aber in der realität nur durch eine Industrieanlage.

Trotzdem denke ich das Bio BBs immerhin besser sind als die klassischen Plastik BBs.

Aber zusätzlich können wir sagen, dass wir uns mit Gestein beschießen, da die Bio BBs hauptsächlich aus Calciumcarbonat und Bariumsulfat bestehen:D

Sehr interessanter Post, danke.

Ich hoffe das räumt für einige Menschen mal mit dem „gepresste Maisstärke“ Quark auf. 

Die Zusammensetzung von „normalen“ Nicht-Bio BBs wäre noch interessant. 

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(nachträglich editiert am 13.06.2024 um 08:14 Uhr)

Gepresste Maisstärke ist es nicht, aber sie ist eine von mehreren möglichen Ausgangstoffen zu Herstellung von PLA.

 

Ich denke der einzige Unterschied zu den Plastik BBs wird der Kunststoff sein. Evtl. ABS oder ein Polymer. Die Zusätze um das Gewicht zu erzeugen, Bariumsulfat und Calciumcarbonat, werden die gleichen sein.

...dem „gepresste Maisstärke“ Quark auf.

 

Nicht ganz. Es gibt einige Sorten, die tatsächlich aus pflanzlichem Material (zumindest im weitesten Sinne) bestehen. Oder wenigstens früher das taten.

Die StangeWalterBB, zb waren so. Ein Grund warum die hygroskopisch (also Feuchtigkeitsliebend) und so schnell bei feuchtem Wetter verklumpt sind.

Meist zeichnen sich diese "Pflanzen" BBs dadurch aus, das sie besonders weich sind. Damit sind sie aber für unsere Anwendung absolut ungeeignet. Sie verformen sich schon beim Laden im Magazin, werden vom Nozzle zerbröselt uvm. Das alles hat dafür gesorgt, dass diese BBs keine wirkliche Rolle im Hobby spielen.

Es gab immer mal Herstellerversuche, durch Oberflächenhärtung (keine Ahnung, was die da gemacht haben wollen) das Problem zu lösen.

Für mich war aber vor Jahren klar, dass ich Green Devin BBs nutze. Erstens, weil sie die besten Flugeigenschaften und damit für mich das beste Preis-Leistungsargument haben und weil sie aus gepresstem Steinmehl bestehen.

Es kommt ein irgendwie UV lösliches Bindemittel zum Einsatz. Dieses Bindemittel wird dann durch Feuchtigkeit ausgewaschen und die BB zerfällt zu Staub.

Ich gebe jedoch zu, das diese Info eine Werbeaussage ist. 1. die BB kommt in einer "klaren nicht UV isolierenden Tüte" 2. ich kenne nur verfärbte GD nach langer Zeit im Blumenkasten. Diese Rollen problemlos durch einen normalen Testlauf.

Und was bringt uns jetzt diese Erkenntnis? Sollen wir jetzt alle aufhören zu spielen? Sollen alle Felder im Freien dicht machen?

Man kann sich auch selbst das Leben schwer machen.

Aus Umweltsicht?
Klar. Sofort aufhören!

CO2 Kapseln, deren Inhalt in die Umwelt geht und das Alu was im "Gelände" landet. Auch die "normalen" Flongase sind nicht so der Hit.

Die Anreise mit dem Auto, was nur selten elektrisch fährt und über Solar geladen wurde.

Die Tonnen an BBs die in der Umwelt landen.

Der Stromhunger der Waffen.

Abgesehen von den Schäden, die durch die Erzeugung der Roh- und Hilfsstoffe direkt und indirekt entstehen.

Obwohl...
Mit dem Fahrrad zum Spiel.
Benutzt wird ein Handgeschnitztes Federdruckgerät, aus am Stand, gefunden Holz.
Die Klamotten aus Jute und Brennnessel, natürlich Fair Trade. :)

Zu viel Hugo getrunken?

Wo steht etwas davon? Hier hat einer Spaß mit einem Experiment und alle anderen haben Spaß am Klugscheißen (wie sonst auch).

Wer macht sich hier das Leben schwer?

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